Eigentümer darf Mietwohnung nicht zum Aktenlager umfunktionieren
Nach einigen Urteilen zugunsten von Vermietern, die Eigenbedarf
angemeldet hatten, hat der Bundesgerichtshof die Richtung gewechselt.
Bei Eigenbedarfkündigungen aus betrieblichem Bedarf müssten die
Mieterrechte stärker berücksichtigt werden.
Der Bundesgerichtshof hat am Mittwoch die Möglichkeit von Vermietern erheblich eingeschränkt, Mietern wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Dabei geht es um die Frage, ob es ausreicht, dass der Eigentümer die vermietete Wohnung für sich selbst als Büro- oder Geschäftsräume nutzen möchte. Dies war bisher eine weit verbreitete Praxis, welche die Bundesrichter mit dieser Grundsatzentscheidung nun gestoppt haben dürften. Die Gerichte müssen künftig in jedem Einzelfall die Interessen von Mietern und Vermietern gegeneinander abwägen. Eine Kündigung kommt in solchen Fällen nur dann in Betracht, wenn dem Eigentümer ansonsten gewichtige Nachteile entstünden (Az.: VIII ZR 45/16).
Im konkreten Fall ging es um eine 27 Quadratmeter große Wohnung in Berlin, welche die Eigentümerin ihrem Ehemann als zusätzliche Geschäftsräume zur Verfügung stellen wollte. Der Mann betreibt eine Beratungsgesellschaft im Vorderhaus des Anwesens und leidet erheblich unter Raummangel: Die Aktenregale reichen bis zur Decke und sind vollkommen überfüllt. Um expandieren zu können, kündigte die Frau dem langjährigen Mieter, der in der Wohnung seit 40 Jahren lebte. Dieser setzte sich gegen die Kündigung zur Wehr und bekam nun vor dem Bundesgerichtshof überraschend Recht.
Von Corinna Budras und Michael Psotta